Kreuz-Debatte: Dönmez vs. Zeitz

Heftig tobt die Debatte rund um die Entscheidung eines neugebauten Wiener Krankenhauses, keine Kreuze mehr aufzuhängen, was nach Mutmaßungen geschieht, um Moslems nicht zu brüskieren. Der türkischstämmige, ehemalige Grünen-Politiker Efgani Dönmez sieht seine Leute zu unrecht angegriffen. Christian Zeitz vom WAB kontert mit einer Klarstellung zu den Glaubensinhalten des Islams und verteidigt das Kreuz, dass er auch als allgemeines Kultursymbol betrachtet.

Abhängen von Kreuzen und die Sündenböcke: Die Mehrheit hat überhaupt kein Problem mit dem Kruzifix in Krankenhäusern

Von Efgani Dönmez

Das Abhängen der Kreuze im skandalumwitterten KH Nord löst heftige Diskussionen aus. Es hat keine 15 Minuten gedauert bis führende FPÖ-Politiker ausgerückt sind und diese Entscheidung des Direktoriums des KH Nord mit dem Einknicken vor den muslimischen Zuwanderern verknüpfte. 

Die Diskussion um das Abhängen der Kreuze hat sehr viel mehr mit den eigenen Glaubensgrundsätzen, dem inneren Zustand der Gesellschaft und der Kirche zu tun als mit muslimischen Mitbürgern in Österreich. Im Gegenteil, insbesondere der Großteil der muslimischen Mitbürger suchen gerne von christlichen Orden geführte Krankenhäuser auf, weil dort der Mensch im Mittelpunkt steht und nicht die Herkunft oder Zugehörigkeit. Dafür danken wir als TKG auch herzlich. Das muslimische Mitbürgerinnen ein Problem mit dem Kruzifix haben, möge für einige wenige Ausnahmen gelten, jedoch die Mehrheit hat überhaupt kein Problem mit dem Kruzifix in Krankenhäusern, Gerichten oder Schulen. Die Muslime achten Jesus (Friede sei auf ihm) und seine Mutter Maria sehr. „Friede sei mit mir an dem Tag, wo ich geboren bin, an dem Tag, wo ich sterbe und an dem Tag, wo ich wieder auferstanden werde.“ Mit diesen Worten gibt der Koran das Wort Jesu und seine Botschaft des Friedens wieder (Sure 19, Vers 33). 

Der Glaube Jesu eint Muslime, Christen und genauso Juden, der Glaube an Jesus als Gott trennt Muslime und Juden gegenüber Christen.

Die Politik und manche Politiker generalisieren und skandalisieren gerne einzelne Fehlverhalten, um politisches Kleingeld daraus zu schlagen, jedoch den Grund für das Abhängen von Kreuzen in Krankenhäusern den in Österreich lebenden Muslimen umzuhängen, ist ein populistischer sowie leicht durchschaubarer Versuch – von anderen Bereichen des öffentlichen Lebens – abzulenken. 

Wenn die Verwurzelung der österreichischen Gesellschaft im Christentum aufgeweicht wird, dann sollte man sich auf die Suche nach den tieferen Gründen dafür begeben und nicht unschuldige Mitbürger zum Sündenbock abstempeln, um die wahren Beweggründe zu vernebeln. 

Die Muslime für die Ohnmacht, Enttäuschung und Empörung sowie die eigene Orientierungslosigkeit in Fragen des christlichen Glaubens und das öffentlichen Leben in Österreich verantwortlich zu machen, verschärft nur die Spannungen. Durch Schuldzuweisungen löst man keine Probleme. 

Für das Abhängen der Kreuze in öffentlichen Einrichtungen sind nicht die Muslime oder andere Angehörige von anderen Religionsgemeinschaften verantwortlich, sondern einzig und allein manche politische Parteien, welche versuchen ihre Vorstellungen von einer religionsfreien Gesellschaft durchzusetzen. 

Wir als Türkische Kulturgemeinde in Österreich (TKG) sind nicht nur ein unabhängiger Think Thank, sondern auch säkulare Verfassungspatrioten. Wir setzen uns im öffentlichen Bereich für die Trennung von Staat und Religion ein, jedoch treten wir entschieden gegen jede Form der Diskriminierung von Religionen und Gläubigen, entgegen. Die TKG ist gegen die Politisierung und den Missbrauch der Religionen. Der politischen Instrumentalisierung, jeglicher Religionen tritt die TKG entschieden entgegen. Dem Import eines politisierten Glaubens über ausländische Ableger aus den Herkunftsländern nach Österreich werden wir als TKG auch weiterhin mit größter Sensibilität und der notwendigen Aufmerksamkeit verfolgen und thematisieren.

Säkularität ist in einer rechtsstaatlichen Demokratie, wo Gewaltenteilung funktionieren soll, so essentiell, wie Sauerstoff für unser Leben. Das ist das Wichtigste, denn das schützt die Gläubigen und die Nichtgläubigen. Säkularismus bedeutet für uns Türken aber nicht, wie viele annehmen, immer Religion und weltliche Angelegenheiten voneinander zu trennen. Säkularismus heißt für progressive Türken, die Legitimation der Herrschenden beziehungsweise Regierenden nicht auf Gott oder religiöses Recht zu gründen, sondern auf den Willen des Volkes durch Demokratie und Rechtsstaatlichkeit. Als mit Vernunft ausgestattete, mündige Bürger sollten wir den Unterschied zwischen Moral und ethisches Handeln sowie Religion erkennen. Wir, als austro-türkische Muslime, wissen aus Erfahrung, dass zwischen moralischem Handeln und Religiosität kein unmittelbarer Zusammenhang besteht. Unser Glaube ist unsere Privatsache. Der Staat sollte gegenüber jedem Bürger, egal welcher Religion, Nation, Geschlecht oder politischer Ansichten, absolut objektiv sein. Ohne diese Aspekte zu berücksichtigen, kann und wird es auch keine Integration, in welche Gesellschaft auch immer, geben können.

Lieber Effi!
Die Muslime für die Ohnmacht, Enttäuschung und Empörung sowie die eigene Orientierungslosigkeit in Fragen des christlichen Glaubens und das öffentlichen Leben in Österreich verantwortlich zu machen, verschärft nur die Spannungen.“ Ich darf von dieser Zentralaussage Deines Textes ausgehen, die ich teile, die aber sofort ergänzt werden muß, um damit in einem Aufwaschen den Islam als solchen zu entlasten oder gar zu rechtfertigen.
„Die Muslime“ in ihrer Totalität für derartiges verantwortlich zu machen, wäre in der Tat ein schwerer, wenngleich natürlich dummer Fehler, denn zahlreiche Muslime sind in in unserem Land gut integriert und haben mit dem Zeichen jener Religion, der wir unseren europäischen Ländern den überwiegenden Teil der Zivilisationsfrüchte zu verdanken haben, überhaupt kein Problem. Natürlich hast Du recht, dass derartige Vorgänge nicht möglich wären, wenn die Christen nicht so lau oder überhaupt abgefallen und viele von ihnen in Beliebigkeit und bloßen Hedonismus abgedriftet wären. Verstärkend kommt noch dazu, dass die Linken den Islam ganz gezielt einsetzen, um es der christlichen Kulturordnung so richtig zu besorgen, was nicht einmal der Kommunismus in 70 Jahren Sowjetunion geschafft hat.

Also: „Die Muslime“ pauschal zu beschuldigen, ist falsch. Mit der Behauptung, der Islam könne prinzipiell nicht als antichristliches Konzept verstanden werden, weil ja Jesus im Koran erwähnt und (als Prophet) „geachtet“ wird, wäre ich allerdings vorsichtig. Jesus ist aus christlicher Sicht Gottes Sohn – „wahrer Mensch und wahrer Gott“. Ohne seinen Tod am Kreuz gibt es aus christlicher Sicht keine Erlösung. Wir beten zu Jesus, indem wir zu Gott beten. Der Islam hingegen sagt, Jesus sei nicht gekreuzigt worden, am Kreuz starb ein Doppelgänger (Sure 4, Vrs 157ff). Jesus als Gottes Sohn wahrzunehmen ist im Koran nicht nur eine schwere Sünde, sondern ein todeswürdigs Vergehen: „Und die Juden sagen, Uzair sei Gottes Sohn, und die Christen sahen, der Messias sei Gottes Sohn. Das ist das Wort aus ihrem Mund. Sie ahmen die Rede derer nach, die ungläubig waren. Gottes Fluch über sie!“ (Sure 9.30 – 33)  „Wahrlich, ungläubig sind diejenigen, die sagen: ‚Gott ist der Messias, der Sohn der Maria‘, während der Messias doch selbst gesagt hat: ‚O ihr Kinder Israels, betet zu Gott, meinem Herrn und eurem Herrn.‘ Wer Gott Götter zur Seite stellt, dem hat Gott das Paradies verwehrt, und das Feuer wird seine Herberge sein. Und die Frevler sollen keine Helfer finden. Wahrlich, ungläubig sind diejenigen, die sagen: ‚Gott ist einer von dreien‘; und es ist kein Gott da außer einer.“ (5, 72 – 75)

Es kann natürlich jeder glauben, was er will, und das sollte in einem Rechtsstaat keine äußeren Folgen haben. Doch der Koran erklärt die Christen (also jene, die an den Kreuzestod Christi und unsere Erlösung durch ihn glauben) ganz ausdrücklich als „Ungläubige“, denn sie würden „Schirk“, „Beigesellung“ betreiben, und das ist im Islam ein todeswürdiges Vergehen. Das sollte man nicht verharmlosen.
Freilich ist klar, dass das die meisten Muslime in Österreich nicht so sehen, nicht wenige wahrscheinlich deswegen, weil sie davon nicht wissen. Für diejenigen, die den Koran kennen und ernst nehmen, ist hingegen klar, das das Kreuz nicht einfach ein Zeichen „für Jesus“, sondern für „Jesus als den gekreuzigten Sohn Gottes, der für uns gestorben ist“, darstellt. Es ist für sie notwendigerweise ein Ärgernis.

Der Spitalsbetreiber/Krankenanstaltenverbund geht genau auf die Wünsche dieser korantreuen Muslime ein und doppelt noch nach, indem er sagt, dass kein Vertreter einer andern Religion „diskriminiert“ werden soll – und deswegen keine Kreuze in Krankenzimmern hängen dürfen. Das ist natürlich der wirkliche Hammer, auch wenn diese Idee heutzutage zu allgemeinen Folklore der Multikulturellen Gesellschaft gehört: Denn in einem Land, dessen Kultur ganz überwiegend auf dem Christentum aufgebaut ist, ist die Bevorzugung der Symbolwelt des Christentums eine selbstverständliche Notwendigkeit. Dies als „Diskriminierung“ zu bezeichnen, geht an der wichtigen Unterscheidung zwischen individueller und kollektiver Religionsfreiheit vorbei. Erstere gilt für alle gleich. Bei letzterer muß der Staat diejenige Religion bevorzugen, die sein Fundament trägt, und das ist eben keine „Diskriminierung“, weil es das Kulturganze betrifft, auf dem der Staat sein Fundament aufgebaut hat und erhalten muß. (Siehe dazu das allseits anerkannte Böckenförde-Theorem).

Mag. Christian Zeitz

(Bild: Wikipedia, gemeinfrei)