RA Dr. Hollaender: „Brexit bietet Chance zur Besserung der EU“

„Es gibt Fehlentwicklungen in der EU und der Brexit bietet die Chance zur Besserung“. Wenn nämlich Großbritannien aus der EU austritt, „dann werden auch andere darüber nachdenken. Und dieser – gesunde – Druck ist gut für die EU, weil sie sich bemühen wird, attraktiver zu werden“. Der Austritt Großbritanniens sei daher „für die EU eine große Chance“. Denn er könne „dazu führen, dass die EU die Interessen ihrer Mitglieder nach außen besser vertritt und nicht intern herumtut.“ Und „jene, die für die EU sind, müssten die Ersten sein, die auf Fehler hinweisen und sie ändern“. Das waren die Kernsätze eines Vortrages, den der Rechtsanwalt und Kulturmanager Dr. Adrian Hollaender beim Wiener Akademikerbund zum Thema „Was bringt der Brexit für Österreich?“ hielt. Dabei sondierte Hollaender zuerst das juristische Material und führte danach eine politische Befundung durch.

Die EU habe deswegen „Angst vor einem GB-Austritt, weil damit das Austritts­tabu gebrochen wäre und auch andere Staaten darüber nachdenken könnten.“ Anfangs habe es lange Zeit gegolten, dass ein EU-Austritt nicht möglich sei (Artikel 50). Solche Austrittsgedanken könnten sich nun vor allem Ungarn und Polen machen, sagte Hollaender. Denn „die Tendenz der Zentralisierung hat viele Staaten vor den Kopf gestoßen“. Verschärfend wirke dazu auch, dass das frühere Einstimmigkeitsprinzip bei Abstimmungen in der EU immer mehr aufgelockert und durch ein Mehrheitsprinzip ersetzt worden sei – auch dies lasse einzelne Staaten über einen Austritt nachdenken. Und weil „der Brexit für die EU nachteiliger wäre als für Großbritannien, will die EU einen Austrittsvertrag“. Rein rechtlich bleibe bleibe die weitere Vorgangsweise „eng“.

Gericht kann nicht entscheiden, ob Volk richtig verstanden hat

Hollaender ging dann auch auf das Argument ein, die britische Bevölkerung sei vor der Abstimmung falsch informiert worden. Solche eine Argumentation nach Volksabstimmungen sei „prinzipiell unzulässig“. Es könne daher „nicht ein Gericht darüber entscheiden, ob das Volk die Inhalte der Abstimmung richtig verstanden hat“. Sollte die Abstimmung tatsächlich wiederholt werden, „dann kann ja auch ein drittes und viertes Mal abgestimmt werden“.  (schluss)

Von Michael Kress

(Foto: MK, Dr. Adrian Hollaender (r.) mit WAB-Präsident Prof. Dr. Charles Bohatsch)